Was ist eigentlich Design-Thinking?

18.02.2022

Was ist eigentlich Design-Thinking?
Was ist eigentlich Design-Thinking?

Wie gelingt es, technische Ideen in ein marktfähiges Produkt zu übersetzen? Ein Überblick zum Design-Thinking-Prozess für Entwicklerinnen und Entwickler, Fablabs und Studierende

Mit Design-Thinking technische Ideen in ein marktfähiges Produkt übersetzen

Sie haben in Ihrem Technik-Studium eine innovative technische Idee entwickelt, aber wissen noch nicht, wie Sie diese in ein marktfähiges Produkt übertragen könnten? Dann kann Ihnen die Methode Design-Thinking helfen, kreativ nach Lösungen zu suchen. Denn nicht nur technisches Know-How, sondern auch Kreativität ist wichtig, um die Technologien der Zukunft zu entwickeln und Produktionsprozesse zu optimieren. Die Design-Thinking-Methode ist ein geeigneter Ansatz, um durch einen kreativen Prozess Ihr technisches Wissen in ein marktfähiges Produkt zu übersetzen.

Die Methode

Die Design-Thinking-Methode hat sich aus den Ergebnissen der Design-Forschung entwickelt. Wissenschaftler untersuchten, wie professionelle Designer denken, wenn sie Gegenstände oder Arrangements entwerfen. Die Fähigkeit der Designer, kreativ zu entwerfen, wird mit der Design-Thinking-Methode auf andere Bereiche übertragen.

Gerade für Menschen aus der technischen Branche ist sie eine gute Möglichkeit, um kreatives Denken gezielt anzuregen. Tatsächlich geht der Begriff auf einen Elektroingenieur an der Stanford-University, Prof. David M. Kelley, zurück. Er begann Anfang der 1990er-Jahre, Design-Thinking-Kurse für Studierende im Technik-Studium anzubieten.

Was brauche ich für einen Design-Thinking-Prozess?

Design-Thinking ist immer Teamwork. Sie brauchen ein interdisziplinäres Team, um möglichst viele relevante Perspektiven in den Prozess einzubringen. Schauen Sie also ruhig über den Tellerrand Ihres Technik-Studiums hinaus. Sollten Sie noch über kein eigenes Team für Ihr Produkt verfügen, dann suchen Sie sich Unterstützung bei Freundinnen und Freunden aus anderen Studiengängen oder Berufsfeldern. Expert:innen aus den Bereichen Marketing, Recht und Betriebswirtschaft können Ihnen helfen, eine neue Perspektive auf Ihre technische Idee zu bekommen. Zudem brauchen Sie einen Moderator, der den Design-Thinking-Prozess strukturiert.

Um einen konzentrierten Arbeitsprozess zu ermöglichen, benötigen Sie einen passenden Raum für Ihr Team. Viele FabLabs bieten genau die richtigen Bedingungen, um Design-Thinking durchzuführen. Neben klassischen Moderationsmaterialien wie Flipchart, Stiften und Klebezetteln haben Sie in einem FabLab die Möglichkeit, mit den vorhandenen Geräten direkt praktisch in die Produktentwicklung einzusteigen und erste Prototypen oder einfach strukturierte Modelle zu bauen.

Zuletzt benötigt Design-Thinking vor allem eines: Zeit. Planen Sie mindestens einen halben, besser einen ganzen, Tag ein, um dem Kreativitätsprozess den nötigen Raum zu geben.

Wie läuft der Design-Thinking-Prozess ab?

Der Design-Thinking-Prozess kann unterschiedlich strukturiert werden. Wir orientieren uns im Folgenden an den Empfehlungen des Hasso-Plattner-Instituts (kurz HPI), da diese besonders passend für eine Anwendung in Bereichen wie z.B. Elektrotechnik, Maschinenbau oder Solartechnik sind. Das HPI hat sechs Schritte definiert, die zu jedem Design-Think-Prozess gehören. Die jeweiligen Schritte sollten nicht als ultimativ verstanden werden. Bei Bedarf können Sie sie auch mehrfach wiederholen:

1. Verstehen

Zunächst geht es darum zu verstehen, welche Problemstellungen der Design Challenge zugrunde liegen. Was müssen wir wissen, damit unser Projekt erfolgreich wird? Welche Studien und Analysen können und müssen wir heranziehen? Ausgehend von diesen Fragestellungen erstellt das Team einen „Forschungsplan“, um etwaige Wissenslücken zu schließen.

2. Menschen beobachten

Wer ein Produkt verkaufen will, muss verstehen, welche Bedürfnisse und Erwartungen potenzielle Nutzer:innen haben. Deshalb geht es in diesem Schritt darum, die Kundenperspektive einzunehmen. Rollenspiele, Interviews und teilnehmendes Beobachten können dabei helfen, sich der Erwartungen von Kundinnen und Kunden bzw. des Marktes bewusst zu werden.

3. Sichtweise definieren

In dieser Phase werden die Ergebnisse aus Schritt 1 und 2 miteinander verbunden. Dabei können sogenannte „Personae“, also Prototypen für bestimmte Gesellschaftsgruppen, entstehen. Indem das Team nun die Perspektive der jeweiligen Persona beispielsweise auf einem Flipchart visualisiert, sind die Bedürfnisse der potenziellen Kunden für den weiteren Prozess präsent.

Erstellen Sie hier einfach kurze Steckbriefe fiktiver Personen, die zu Ihren späteren Kundinnen und Kunden gehören könnten. Um das Ganze möglichst plastisch zu gestalten und um sich gut in die Zielgruppen hinein versetzen zu können, denken Sie zum Beispiel auch einen passenden Namen aus, geben Sie das Alter der Person und z.B. auch einen Bildungsstand und Beruf an.

Darüber hinaus skizzieren Sie in wenigen Worten, wie Ihre Person auf das von Ihnen entwickelte Produkt aufmerksam wird und welcher Nutzen / welche Produkteigenschaften diesem Menschen besonders wichtig sind, wenn es um Ihre Produkt geht.

4. Ideen entwickeln

Nachdem die Zielgruppe definiert wurde, kommen unterschiedliche Kreativmethoden zum Einsatz, die sowohl von den Teammitgliedern gemeinsam als auch einzeln angewendet werden. Das können beispielsweise sein:

  • Brainstorming
  • Bodystorming (ähnlich dem Brainstorming; findet idealerweise an einem Ort statt, an dem ein Nutzer Ihr Produkt anwenden könnte)
  • Rollenspiele

Die Produkt- und Anwendungsideen, die dabei entstehen, werden gruppiert und den potenziellen Kunden zugeordnet. So wird sichergestellt, dass die Lösungen zu den vorab definierten Bedürfnissen passen.

5. Prototypen bauen

Nach den theoretischen Überlegungen geht es in die Praxisphase. Das Team entwickelt mehrere Prototypen mit dem Ziel, die technische Idee in ein zu den definierten Kundenbedürfnissen passendes Produkt zu übersetzen. Hier können Sie sich aller Geräte und Materialien bedienen, die das FabLab bzw. Ihr Seminarraum in der Hochschule oder Ihr Meetingraum zu bieten hat. Bei der Erstellung der Prototypen geht es nicht darum, ein fertiges Produkt zu entwickeln. Rapid-Prototypen reichen aus, um Ideen zu visualisieren.

5. Prototypen testen

Am Ende des Design-Thinking-Prozesses sollen die Prototypen durch potenzielle Kund:innen und Expert:innen getestet werden. Sie können Probanden aus der Zielgruppe einladen oder Freunde ansprechen, die zu den erstellten Persona-Profilen passen. Kommiliton:innen aus der Elektrotechnik oder dem Maschinenbau können als Experten einen kritischen Blick auf die Prototypen werfen. Fallen in dieser Phase bereits Mängel am Produkt auf, bietet es sich an, im Design-Thinking-Prozess noch einmal ein paar Schritte zurückzugehen und den Prototypen auf Grundlage des Feedbacks anzupassen.

Design-Thinking als Chance

Die Design-Thinking-Methode ist geeignet, um abseits von den herkömmlichen Methoden Ihres Technik-Studiums Anwendungsmöglichkeiten für Ihre technische Idee zu entwickeln. Sie kann Ihnen zudem dabei helfen, Möglichkeiten zu finden, wie Sie mit Ihrer Idee bestehende Produkte oder deren Produktionsprozess verbessern können.

Auch wenn der Design-Thinking-Prozess aufwendig ist – es lohnt es sich, diese Zeit und Ressourcen zu investieren. Eine gute technische Idee ist oftmals nicht ausreichend, um ein neues technisches Produkt auf den Markt zu bringen. Mit Design-Thinking können Sie auch den "Business-Teil" Ihrer Entwicklung erfolgreich meistern.

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